AUTOS FÜR EINSTEIGER
Diese 10 Ost-Oldtimer sind das nächste große Ding
Von Haiko Prengel | Veröffentlicht am 17.10.2016 | Lesedauer: 7 Minuten
Autos aus dem Osten waren lange Zeit verpönt. Mittlerweile gelten sie als perfekte Einstiegsyoung- oder -oldtimer. Und als gute Wertanlage
Quelle: picture alliance / ZB/Sebastian Willnow / dpa
Der Oldtimer-Hype hat jetzt auch die Autos aus dem früheren Ostblock erfasst. Wartburg und Barkas sind inzwischen anerkannte Klassiker und steigen im Wert. Hier sind zehn Kandidaten mit Kultpotenzial.
Zu lahm, zu schrottig und null Prestige: Alte Autos aus dem Osten hatten lange keinen guten Ruf. Dabei haben die mitunter skurrilen Mobile handfeste Vorteile: Zum einen sind sie vergleichsweise günstig zu haben: Ein Barkas B1000 beispielsweise – auch Bulli des Ostens genannt – kostet ein Bruchteil eines VW T1 oder T2. Zudem gelten Ost-Autos wegen ihrer simplen Technik als ideale Einstiegsoldtimer.
Ein Wartburg 353 etwa ist so herrlich simpel gebaut, dass selbst Laien bei ihm (fast) alles selbst reparieren können. Selbst eine Zylinderkopfdichtung wechselten Wartburg-Fahrer zu Ost-Zeiten einfach mal am Straßenrand aus – und fuhren anschließend weiter.
So etwas wie Leistung darf man freilich nicht von den technisch völlig veralteten Gefährten erwarten. Aber Autos wie der Trabi begeistern gerade wegen ihrer Einfachheit. Nach dem Motto: eine Handvoll PS, null Komfort und trotzdem Fahrspaß.
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Sie können sich auch vorstellen, einen Oldie aus dem Osten zu fahren? Hier sind zehn legendäre Modelle mit steigender Wertprognose (alle Marktpreise Quelle Classic Data):
1.) Trabant 601
Wer kennt ihn nicht, den Trabi? Der Trabant P601 war der Volkswagen der DDR und wurde von 1964 bis 1990 praktisch unverändert gebaut. Der Zweitakter leistete anfangs 23 PS, was zunächst noch zeitgemäß war.
Trabant 601
Quelle: picture-alliance / ZB/Jens Wolf
Die Technik veraltete aber zusehends, und damit auch der Ruf des Fahrzeugs mit Duroplast-Karosserie. Mangels Alternativen in der Mangelwirtschaft mussten die DDR-Bürger den Trabant trotzdem fahren, die Wartezeit für einen Neuwagen betrug bis zu 15 Jahre. Heute kostet ein Trabant 601 im guten Zustand etwa 2800 Euro.
2.) Trabant 1.1
Neue Fahrzeugentwürfe wurden von der DDR-Regierung immer wieder abgelehnt. Erst 1990 kam ein neuer Trabant auf den Markt, die Version 1.1 mit zeitgemäßem Viertakt-Vierzylinder aus dem Hause Volkswagen.
Trabant 1.1
Quelle: picture alliance / ZB/Jens Wolf
Die 40 PS heizten dem nur 700 Kilogramm leichten Wagen ordentlich ein. Er floppte trotzdem, weil die DDR-Bürger für 9000 Westmark lieber einen gebrauchten VW Golf oder einen Mercedes aus Dritt- oder Vierthand kauften. Aktueller Marktpreis Trabant 1.1: ca. 4500 Euro.
3.) Wartburg 353
Leistungsstärker, größer und auch komfortabler als der Trabant war der Wartburg, der in fünf Generationen vom Band lief. Das Modell 353 ist der bekannteste von allen, das VEB Automobilwerk Eisenach baute ihn von 1966 bis 1988.
Wartburg 353
Quelle: picture alliance / ZB/Jens Wolf
Ganze 32 Jahre wurde die Limousine von einem stinkenden Dreizylinder-Zweitaktmotor angetrieben. Erst 1988 spendierte Volkswagen dem letzten Wartburg einen mehr als überfälligen Vierzylinder-Viertakter.
Massiver Rostbefall ist das größte Wartburg-Problem. Gefährdet ist vor allem der Rahmen, der mit der Karosserie verschraubt ist. Technikprobleme sind zu vernachlässigen, denn die Ersatzteilsituation ist entspannt, Teile sind günstig. Aktueller Marktpreis Wartburg 353: ca. 3600 Euro.
4.) Barkas B 1000
Er war der Bulli des Ostens: der Barkas B 1000. Feuerwehr, Polizei, Militär: Weil es in der DDR keine Transporter-Alternativen gab, musste der emsige Kleinbus für viele Aufgaben herhalten. Dementsprechend dezimiert ist heute der Bestand der einstigen Lastenesel.
Als der Barkas 1961 in Serie ging, war er mit seinem Konkurrenten im Westen – dem VW Bus T1 – sogar noch auf Augenhöhe: Anfangs hatte der Barkas mehr PS unter der Haube als der Bulli. Mit den Jahren verlor er dann, wie die anderen Fahrzeuge aus DDR-Produktion, den Anschluss an die technische Entwicklung.
Ein Rettungswagen vom Typ Barkas B1000 der Chirurgischen Universitätsklinik Jena, Foto aus dem Jahr 1964
Quelle: picture alliance / ZB/Universitšt Jena
So wurde der Barkas fast 40 Jahre lang weitgehend unverändert gebaut. Das 46 PS starke Aggregat (100 km/h Spitze) liegt zwischen Fahrer- und Beifahrersitz – entsprechend laut ist es beim Fahren im Innenraum.
Ein Autoradio können sich Barkas-Fahrer somit eigentlich sparen: Die Musik wird von den turbinenartigen Motorgeräuschen übertönt. Aktueller Marktpreis Barkas B 1000: ca. 8000 Euro.
5.) Skoda 1000 MB
Es verwundert nicht, dass der Skoda 1000 MB ein begehrtes Auto in der DDR war. Schließlich hatte der tschechoslowakische Mittelklassewagen einen Viertaktmotor unter der Haube. Gegen die lahmen Zweitakter wie Trabant 601 oder Wartburg 353 war der Skoda 1000 MB mit seinen 37 PS geradezu spritzig.
Skoda 1000 MB
Quelle: Skoda Deutschland/Skoda Deutschland
Mitte der 60er-Jahre löste der Wagen das Modell Octavia ab und war mit Heckmotorantrieb sowie selbsttragender Karosserie ein technischer Meilenstein. Eins aber vergaßen die Ingenieure: einen vernünftigen Korrosionsschutz. Die Skodas rosteten derart schnell, dass man beinahe zuschauen konnte, wie der Wagen in Blechkrümel zerfiel.
Schnell hatten die Autos den Spitznamen BMSR weg: Böhmisch-Mährischer-Schnell-Roster. So verwundert es nicht, dass von über 400.000 produzierten 1000 MB nur noch wenige Exemplare erhalten geblieben sind. Aktueller Marktpreis Skoda 1000 MB: ca. 8000 Euro.
6.) Lada 2101
Der Lada 2101 wirkt wie eine Italo-Limousine, ist aber ein Auto aus russischer Fertigung. Wie das geht? Ganz einfach, die UdSSR schloss in den 60er-Jahren mit Fiat einen Lizenzdeal und baute Millionen Kopien vom Modell 124, im Osten auch Shiguli genannt.
Der VAZ 2101 Zhiguli wurde auch als Lada 2101 verkauft
Quelle: picture alliance / dpa/Alexei Danichev
Die Technik ist äußerst robust, im ehemaligen Ostblock gehört der 2101 noch immer zum Straßenbild – meist allerdings als abgehalftertes Alltagsauto. Weil der Wagen millionenfach gebaut wurde, gibt es entsprechend heute noch ein reichhaltiges Angebot, auch was die Ersatzteile betrifft.
Unter klassischen Oldtimern, die es auf dem Markt gibt, ist der Lada 2101 daher einer der günstigsten. Exemplare im ordentlichen Zustand gibt es schon für 1000 Euro. Aktueller Marktpreis Lada 2101: 5700 Euro.
7.) Lada Niva
Seit 40 Jahren wird der Lada Niva nun produziert. Doch so ziemlich das Einzige, was sich seit dem Produktionsstart im Jahr 1976 änderte, war sein Name: Neuerdings heißt der kantige Geländewagen Urban.
Technische Neuerungen gab es dagegen fast nicht – vielleicht bis auf Servolenkung und ABS. Denn der Niva ist etwas für Hartgesottene. Komfort? Fehlanzeige. Dafür gibt es robuste und simple Technik, die sich auch draußen in der Tundra leicht reparieren lässt.
Lada Niva
Quelle: Lada/Lada
Mit Allradantrieb und Differenzialsperre sind Fahrten auf rutschigem Untergrund kein Problem, das Ausgleichsgetriebe ermöglicht das Erklimmen selbst extremer Steigungen. Als reines Stadtauto ist der Wagen dagegen nicht unbedingt zu empfehlen. Dagegen spricht etwa der hohe Spritverbrauch, der fehlende Komfort und die hohe Lautstärke im Innenraum.
Trotzdem begegnet man dem Lada Niva auch immer häufiger in den Szenevierteln von Hamburg oder Berlin – als coolem Gegenentwurf zu den vielen Pseudogeländewagen. Aktueller Marktpreis für einen 25 bis 30 Jahre alten Lada Niva: 5900 Euro.
8.) Polski Fiat 125p
Auch Polen begann in den 60er-Jahren mit der Lizenzproduktion von Fiat-Modellen. Der 125p war ein Nachbau des Fiat 125 – ein schlichter, aber nicht unkomfortabler Kompaktwagen, der mit seinen 60 bis 75 PS auch noch vergleichsweise üppig motorisiert war.
Polski Fiat vom Typ 125p
Quelle: picture alliance / dpa/Jens Wolf / dpa
Schon für Westdeutsche war der Fiat 125 attraktiv, für Ostdeutsche beinahe ein Traumwagen. Als Mittelklassewagen konkurrierte er mit den für sozialistische Verhältnisse gehobenen sowjetischen Ladas und Moskwitschs.
Obwohl Rost den Bestand an Fiat 125p dezimiert hat, gibt es eine noch reichlich Auswahl an Überlebenden. Aktueller Marktpreis: circa 3000 Euro.
9.) Saporoshez 965
Im Saporoshez (abgewandelt Saporosch oder kurz Sapo) brauchte man starke Nerven, nicht nur wegen der hinten angeschlagenen Selbstmördertüren. Die komfortlose Heckschleuder machte zunächst sowjetische Familien mobil, dann wurde der Saporoshez 965 auch in die DDR exportiert.
Saporoshez SAS-965
Quelle: picture alliance / dpa/Andreas Arnold /dpa
Wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Fiat 600 bekam der bucklige Sapo den Spitznamen Fiatowitsch verpasst. Das ist dem Russischen entlehnt und bedeutet so viel wie „Sohn des Fiat“. Andere nannten den Sapo Kremlwanze oder T34 Deluxe.
Die unzuverlässigen und stark rostenden Kleinwagen waren im Volk rasch unten durch. Heute stiehlt der Fiatowitsch auf Oldtimerveranstaltungen dagegen anderen die Show. Aktueller Marktpreis Saporoshez 965: ca. 4500 Euro.
10.) Gaz 24 Wolga
Im Osten wurden nur Pappschachteln wie der Trabi gebaut? Falsch, die Behörden genehmigten sich gerne bessere Fahrzeuge: Der GAZ 24 Wolga war die Oberklasse des sowjetischen Automobilbaus.
Bei dem Wagen, der von 1967 bis 1992 gebaut wurde, reichte es sogar zum Prädikat „Mercedes des Ostens“. Ältere Semester werden sich noch an die grobschlächtige Limousine erinnern, die in Ost-Berlin häufig als Taxi unterwegs war. Auch DDR-Volkspolizei und andere Behörden nutzten den Wolga, der mit seinen knapp 100 PS für Ost-Verhältnisse geradezu sportlich motorisiert war.
Gaz 24 Wolga
Quelle: picture alliance / dpa/Dvoriannikov
In Kleinserie entstand sogar eine Version mit 5,5-Liter-V8 (197 PS), der allerdings Mitarbeitern des russischen Geheimdienstes KGB vorbehalten war. Privatleute konnten dieses „Highend“-Modell nicht erwerben.
Ein Highlight ist die Vorkriegstechnik: Falls der Anlasser defekt oder die Batterie leer ist, findet man eine Antriebskurbel beim Bordwerkzeug. Aktueller Marktpreis Gaz 24 Wolga: ca. 10.400 Euro.